Stadt löst Versammlung auf

Die wandernde Bannmeile

Kurioses trug sich dieser Tage in Taunusstein zu, als eine Delegation des Landes Hessen das Aartal zwischen Hahn und Wehen inspizierte, um dessen Eignung für eine Landesgartenschau zu bewerten. Die Besucher machten sich mit den Stadtoberen zu Fuß auf ins Gelände. Dort wurden sie von einer kleinen Schar aufrechter Gegner der Landesgartenschau bereits erwartet.

Der harte Kern der Gegner bestand aus vier teils betagten Damen, die sich mit einem selbstgemalten Transparent und Pappschildern am Wegrand postiert hatten. Unangemeldet zwar, weil sie von der Visite erst in letzter Minute erfahren hatten, aber völlig friedlich. Wenn überhaupt eine „gefährliche“ Rädelsführerin unter ihnen auszumachen war, dann vielleicht die 72-jährige Ursula van Aaken, die seit Jahrzehnten im Stadtparlament sitzt und für ihre freundliche Beharrlichkeit im ganzen Landkreis bekannt ist.

Offenbar war der gastgebende Bürgermeister über die Truppe nicht amüsiert. Jedenfalls schickte er seine Ordnungsmacht, um zunächst zu erfahren, was die Damen begehrten, auch wenn das leicht zu erraten war. Beim zweiten Mal wurde der Emissär schon deutlicher: Was sie da täten, sei verboten. Da hatte sich der „schwarze Block“ von seinen politischen Zielen bereits abgewandt und war mit Zeitunglesen beschäftigt. Und beim dritten Mal setzte der Hüter der Ordnung dem Aufruhr mit der gebotenen Entschiedenheit ein Ende. Die Damen befänden sich in einer Bannmeile und hätten zu verschwinden. Was diese denn auch taten.

Nun könnte man daüber streiten, ob die Auflösung der spontanen Demonstration rechtens war. Das Versammlungsgesetz sieht diese Möglichkeit vor, wenn die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet ist, und die Anwendung von Ermessensspielräumen ist bekanntlich Glückssache. So gesehen wäre das Ganze nur der Sieg einer hasenfüßigen Demokratie über einen vermeintlichen Angriff auf ihre kommunalen Grundfesten.

Betrachtet man die Kanone genauer, mit der hier auf Spatzen geschossen wurde, sieht die Sache schon anders aus. Von einer „Bannmeile“ im Aartal haben die Taunussteiner noch nie etwas gehört. Wo fängt sie an, wo hört sie auf? Was befindet sich in ihrem Zentrum, etwa die Wandergruppe des Bürgermeisters? Eine Bannmeile ist eine Ausnahme vom Grundrecht der freien Meinungsäußerung, deren Geltungsbereich im Bannmeilengesetz genau geregelt ist. Wo kämen wir hin, wenn jeder Dorfbürgermeister seine Bannmeilen nach subjektivem Bedarf einrichten könnte?

Es steht der Verwaltung nicht zu, ihre kritischen Bürgerinnen mit einer Bannmeile vom Acker zu jagen. Eine rechtliche Würdigung des Vorgangs könnte zu interessanten Ergebnissen führen. Unabhängig davon ist so etwas einfach schlechter politischer Stil. Dafür sollten die vier Demonstrantinnen mit einer Entschuldigung seitens der Stadt rechnen können.

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