Politiker-Verdrossenheit (II)

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Vielen Dank für Ihre Antwort auf mein Email. Nach tieferem Einblick in die HGO und die auf Ihrer Webpage vorgetragenen Aspekte kann man doch feststellen, dass es für die in der Stadtverordnetenversammlung (Parlament, Gemeindevertretung lt. HGO) beschlossenen Maßnahmen gegenüber dem Magistrat (Regierung, Gemeindevorstand lt. HGO) ausreichende Mittel zur Erzwingung der Ausführung der Beschlüsse gibt. Diese gehen hin bis zu Disziplinarmaßnahmen und Abberufung.

Deshalb findet man in Wikipedia auch den folgenden Hinweis: "In Hessen sind die Kommunen nach der sogenannten Magistratsverfassung organisiert, die dem Bürgermeister auch nach der Einführung der Direktwahl im Jahr 1992 eine relativ schwache Stellung gegenüber der Gemeindevertretung gibt. Rechtsgrundlage ist die Hessische Gemeindeordnung (HGO)." Es ist also nicht wie Rüdiger Jonas. behauptet „Taunusstein hätte also trotz eines eindeutigen Wahlausgangs mindestens bis zur Bürgermeisterwahl im Jahr 2013 unklare politische Verhältnisse. Die Folge davon wäre, dass wichtige Ziele von SPD und Grünen nicht umgesetzt werden könnten". Es ist durchaus möglich, die Ziele durchzusetzen - nur macht dies mehr Mühe und Arbeit. Dem zufolge dient dann doch der neue hauptamtliche Stadtrat vorwiegend zur Ersparnis dieser zusätzlichen Mühe und Arbeit - oder überspitzt ausgedrückt: zur parlamentarischen oder exekutiven Bequemlichkeit.

Ich hoffe mit der Darlegung dieser Überlegungen zur Unterzeichnung des Bürgerbegehrens einen Einblick in die Erwartungen der Bürger zu gewähren. Wir erwarten, dass sich die Stadtverordneten und Magistratsmitglieder mit dem Bürgermeister und seinen hunderten von Mitarbeitern auseinandersetzen - mit allen verfügbaren Mitteln. Wir erwarten, dass Verschuldung und Verschwendung Einhalt geboten wird - drastisch und sofort. Und auf keinen Fall durch eine Einschränkung der Leistungen oder eine Erhöhung der Gebühren und Abgaben. Herr Hofnagel trägt immer wieder vor, dass es nur möglich ist, Einsparungen vorzunehmen, wenn man entweder den Leistungskatalog einschränkt oder höhere Gebühren, Eintrittsgelder, usw. erhebt. In der Wirtschaft gibt es viele gute Beispiele dafür, wie Organisationen ihre Leistungen verbessern/vermehren und gleichzeitig die Kosten für deren Erstellung verringern.

Wir erwarten von unseren Mandatsträgern, dass sich diese persönlich engagieren und nicht einen hauptamtlichen "Wachdienst und Prellbock" dazwischen schalten. Diese Schaltstelle kann nur zu Verzögerungen, Missverständnissen und zusätzlichen Kosten führen. Wir können auch nicht die erheblichen zusätzlichen Kosten mit dem Hinweis auf eine derzeit vakante Stelle kompensieren, denn diese Stelle sollte bereits Teil des Einsparungspotentials sein.

Abschließend möchte ich mich bei Ihnen persönlich für Ihre Bereitschaft zum Dialog bedanken. Sie belegt Ihr Interesse am Bürger und seiner Sichtweise. Für die Zukunft ist zu empfehlen, dass Ihre Partei oder Koalition dies noch weiter ausbaut. Sie werden alle zusammen noch viele schwierige Situation zu bewältigen haben. Dabei hilft es gut, wenn man ein Vielzahl von Bürgern hinter sich weiß.
mit freundlichen Grüßen,

Unsere Antwort:

Sehr geehrter Herr …,

vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort, die mir durchaus plausibel erscheint. Ich wünschte mir, wir hätten mehr Bürgerinnen und Bürger, die sich über Kommunalpolitik so viele Gedanken machen wie Sie. Was die rechtlichen Grundlagen angeht, stimme ich Ihnen zu. Theoretisch wäre das Ausfechten der politischen Gegensätze auf der juristischen Ebene eine Möglichkeit, aber eben nur theoretisch. Wir haben diese Möglichkeit erwogen und aus folgenden Gründen verworfen.

Angenommen, der Bürgermeister würde gestützt auf seine Magistratsmehrheit die Umsetzung von Mehrheitsbeschlüssen der Stadtverordnetenversammlung verzögern, dann müsste die Rathausmehrheit ihn zuerst mahnen, um dann disziplinarisch und schließlich juristisch gegen ihn vorzugehen. Das kann sehr langwierig sein. In der Zwischenzeit würden wir nichts erreichen, außer dass wir die Politikverdrossenheit noch weiter fördern, weil die Feinheiten und Spitzfindigkeiten dieser Auseinandersetzungen von normalen Bürgerinnen und Bürger nicht mehr nachvollzogen werden können. Als politisch denkender Mensch halte ich eine solche Vorgehensweise für nicht Erfolg versprechend.

Hinzu kommt, dass das Ausfechten unterschiedlicher politischer Zielsetzungen vor Gericht auch nicht gerade ein Steuersparmodell ist. Ich denke dabei nicht nur an die Kosten für Anwälte und Gerichte, sondern auch an den Aufwand der Verwaltung und der Politiker, die sich doch eigentlich um konkrete Taunussteiner Vorhaben kümmern sollen. Im Vergleich zu der Arbeit, die ein hauptamtlicher Erster Stadtrat leisten kann, wäre das ein ziemlich nutzloser Aufwand.

Ich muss noch dazu sagen, dass eine Verlagerung des Konflikts auf die juristische Ebene meinem Selbstverständnis als Politiker, der die faire und offene, konstruktive Auseinandersetzung sucht, nicht entspricht. Ich würde vermutlich eher das Amt als Stadtverordneter niederlegen, als die politische Auseinandersetzung vor Gericht weiterzuführen.

Schließlich bitte ich Sie noch zu bedenken, dass fast die gesamte politische Arbeit ehrenamtlich geleistet wird von Leuten, die tagsüber einem Beruf nachgehen und sich abends bis zu sechs Stunden in Gremiensitzungen aufhalten - für eine Aufwandentschädigung von 18 - 23 Euro. Eine Professionalisierung durch einen hauptamtlichen Stadtrat wäre der Größe Taunussteins angemessen. Einen Hauptamtlichen gibt es z.B. auch in Oestrich-Winkel mit ca. 15.000 Einwohnern. Der ist übrigens von der CDU, und die Vorteile dieser Lösung werden dort in den höchsten Tönen gelobt.

Mit freundlichen Grüßen,

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