Politiker-Verdrossenheit

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Ich habe bei den letzten Wahlen für alle Gremien die Grünen und deren Vetreter gewählt, weil es erforderlich ist, daß beherzte und sozial Kompetente Persönlichkeiten dem Bürgermeister in seiner Verschwendungs- und Geltungssucht Einhalt gebieten. Beides hat sich in dem enormen Anstieg der Verschuldung unserer Stadt niedergeschlagen.

Jetzt zeigt es sich, das die Vertreter der Grünen und ihrer Koalitionspartner zu feige sind, sich mit dem Bürgermeister auseinander zu setzen und sich hinter einem hauptamtlichen Stadtrat verstecken wollen und diesem ihre Pflichten auferlegen wollen.
Es ist betrüblich zu sehen, wie schnell unsere lokale politische Szenen in das Taktieren und Wort-Brechen der Bundespolitiker verfällt. Ein weiterer Beitrag zur Steigerung der Politker-Verdrossenheit - nicht Politik-Verdrossenheit - der Bürger.

Sicherlich wird es einen wortgewandten Lokalpolitiker geben, der mir meinen Mangel an Informantionen und meine verschobenen Ansichten erklären möchte. Ich werde aber bei den nächsten Wahlen nicht wieder vertrauensselig den Versprechungen zur Sparsamkeit folgen.


Unsere Antwort an Sie:

Sehr geehrter Herr …,

ich möchte mich für Ihre Zuschrift, Ihr Interesse an kommunalpolitischen Fragen und Ihre Stimme für Bündnis 90 / Die Grünen bei den letzten Kommunalwahlen bedanken und versuchen, Ihnen unsere Sichtweise bezüglich eines hauptamtlichen Stadtrats darzulegen. Dabei möchte ich zunächst zwei Punkte klarstellen, die in der Presse, auf Flugblättern und im Internet verbreitet werden, obwohl sie definitiv nicht zutreffend sind.

Der erste Punkt betrifft den Vorwurf der Pöstchenjägerei. Nach den Stärkeverhältnissen im Parlament ist sicher davon auszugehen, dass kein grüner Politiker in das Amt des hauptamtlichen Ersten Stadtrats gelangen wird. Schon daraus ergibt sich nachvollziehbar, dass die Motivation meiner Partei zur Bestellung eines hauptamtlichen Ersten Stadtrats nicht im Streben nach Posten besteht.

Der zweite Punkt betrifft die Mehrheitsverhältnisse im Parlament. Es wird immer wieder behauptet, die Koalition aus SPD und Grünen hätte auch ohne einen hauptamtlichen Ersten Stadtrat eine Mehrheit in den relevanten Gremien. Das ist nicht nicht zutreffend. Wir haben zwar eine Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung, also dem Parlament, aber nicht im Magistrat, also der "Regierung". Dem Magistrat gehören nach der beschlossenen Änderung der Hauptsatzung 13 Mitglieder und zusätzlich der Bürgermeister an. Davon haben SPD und Grüne sieben Sitze. Demnach herrscht Stimmengleichheit, und in diesem Fall gibt nach der Hessischen Gemeindeordnung die Stimme des Bürgermeisters den Ausschlag. Der Bürgermeister könnte Abstimmungen im Magistrat gegen die Parlamentsmehrheit weiterhin für sich entscheiden.

Daraus ergibt sich für die gesamte Stadt eine schwierige Situation. Taunusstein hätte trotz eines eindeutigen Wählerauftrags an SPD und Grüne mindestens bis zur Bürgermeisterwahl im Jahr 2013 unklare politische Verhältnisse mit der Folge, dass wichtige Projekte nicht umgesetzt werden könnten. Um die vor den Wahlen versprochenen Ziele auch umsetzen zu können, ist die Koalition auf die Veränderung der Größe und Zusammensetzung des Magistrats durch einen hauptamtlichen Stadtrat zwingend angewiesen. Diese Möglichkeit ist übrigens in der Hessischen Gemeindeordnung genau aus diesem Grund auch ausdrücklich vorgesehen.

Die von Ihnen zu Recht geforderte Auseinandersetzung mit dem Bürgermeister wird - und das nicht erst seit der Kommunalwahl - in zahlreichen Sitzungen und Gesprächen geleistet, zuletzt am Montag dieser Woche, als wir den Bürgermeister und die Fachbereichsleiter der Verwaltung bei einem informellen Treffen über die zentralen Vorhaben von SPD und Grünen informiert haben. Leider ist jedoch völlig offen, bis zu welchem Grad wir mit der Kooperationsbereitschaft des Bürgermeisters rechnen können. Bei realistischer Betrachtung müssen wir davon ausgehen, dass diese nicht allzu ausgeprägt sein wird. Was wir in dieser Konstellation erreichen können, ist keine Frage der Sachlichkeit in der Auseinandersetzung und auch keine Frage von persönlichem Mut. Es hängt vielmehr in starkem Maße davon ab, dass im Magistrat die gleichen Mehrheitsverhältnisse gelten wie im Parlament.

Ich bitte Sie bei Ihren Überlegungen auch zu berücksichtigen, dass die gesamte Arbeit der Koalition aus SPD und Grünen in den städtischen Gremien derzeit von ehrenamtlichen Politikerinnen und Politikern geleistet wird, die gegenüber einem hauptamtlichen Bürgermeister mit einer 200-köpfigen Verwaltung naturgemäß erst einmal in einer ungünstigen Position sind.

Erlauben Sie mir zum Schluss noch eine Anmerkung zu den Kosten. In der Verwaltung ist derzeit die Stelle eines Fachbereichsleiters vakant. Es liegt in der Hand des Bürgermeisters, die Verwaltung so zu organisieren, dass der hauptamtliche Erste Stadtrat den Verantwortungsbereich eines Fachbereichsleiters übernimmt, so dass diese Stelle eingespart werden kann. Die Mehrkosten für einen hauptamtlichen Stadtrat liegen dann nicht bei den behaupteten 200.000 Euro oder mehr, sondern bei ca. 30.000 Euro pro Jahr. Das ist gut investiertes Geld, wenn wir damit erreichen, dass die Beschlüsse des Parlaments auch tatsächlich umgesetzt und nicht auf die lange Bank geschoben oder gar konterkariert werden. Es geht letztlich um die Vernetzung der Parlamentsmehrheit mit der Verwaltung, die wir mit einem Bürgermeister, der erklärtermaßen andere Ziele verfolgt als die Parlamentsmehrheit, ohne einen hauptamtlichen Stadtrat nicht erreichen könnten.

Sehr geehrter Herr …, es ist mir ein wichtiges Anliegen, Ihnen mit meinem Schreiben verständlich zu machen, welche Überlegungen für uns maßgeblich waren, als wir uns für die Bestellung eines hauptamtlichen Stadtrats entschieden haben. Die Beurteilung der dargestellten Fakten überlasse ich Ihnen als mündigem und informierten Bürger. Es würde mich freuen, wenn Sie am Ende Ihrer Überlegungen zu dem Ergebnis kämen, dass Sie Bündnis 90 / Die Grünen weiterhin Ihre Stimme geben möchten.

Mit freundlichen Grüßen…

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